Der Arbeitsmarkt wandelt sich, das hört man immer häufiger. Aber was steckt dahinter und welche Auswirkungen hat das auf die Rolle des Kandidaten in der Arbeitswelt? Um hier etwas Licht in das Dunkel zu bringen, hat uns Max Hermann, Geschäftsführer von AMG RECRUITING, einige Fragen zur aktuellen Situation der Recruiting-Welt beantwortet. Außerdem gibt es unter anderem einige wertvolle Tipps für die Jobsuche!
Recruiting aus Kandidatensicht
Die größte Herausforderung im Recruiting besteht zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Der Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahren komplett verändert und es besteht ein Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Heute reden wir insbesondere über Vollbeschäftigung, Fachkräftemangel und demografischen Wandel.
Das Angebot an Arbeitskräften hat sich also massiv verringert – die Art und Weise, wie Unternehmen Menschen für sich gewinnen wollen aber nicht! Das heißt, alle veröffentlichen immer mehr Stellen im Internet, geben enorme Summe bei Stepstone oder ähnlichen Distributionsplattformen aus und vergessen dabei völlig, in die eigenen Personalabteilungen zu investieren.
Das reicht aber heute natürlich nicht mehr! Ganz besonders, wenn man sich einmal in die Lage der Kandidaten hineinversetzt: An jeder Ecke hören sie, dass Unternehmen händeringend Leute brauchen. Dennoch nehmen sie von Unternehmen keinerlei Bemühungen wahr, die Art und Weise der Bewerbung einfacher oder angenehmer zu gestalten oder direkt mit konkreten Angeboten auf potenzielle neue Mitarbeiter zuzugehen.
Recruitment Marketing ist in den Grundzügen das inhaltliche Auseinandersetzen mit der Thematik, dass der Kandidat zum Kunden wird. Das heißt, man greift den Bereich des Recruitings ein Stück weit als Marketing auf und verbindet beide Disziplinen miteinander: Konkret äußert sich dies z.B. darin, dass die Kommunikation besser auf die Bedürfnisse des Kandidaten angepasst wird und mehr Schritte des Bewerbungsprozesses über das Smartphone oder Social Media stattfinden.
Wenn man als Unternehmen auf diese Weise aus den klassischen Bewerbungs- und Job-Inhalten herausbrechen kann, zudem super einfache Kontaktwege und schnelle Kommunikation auf Augenhöhe anbietet und eine Bewerbung nicht wie üblich als etwas sehr Starres und Prozessgetriebenes begreift, dann merkt das auch ein Kandidat
Genau wie im klassischen Marketing, kommt es natürlich auch hier immer stark auf die Zielgruppe an! Einem Elektriker würde man selbstverständlich einen ganz anderen Tipp geben als einem IT-ler. Dennoch wird für viele Branchen die Relevanz von professionellen Business-Netzwerken wie Xing und LinkedIn immer wichtiger. Hier lohnt es sich, das eigene Profil zu optimieren. Denn je besser das ist, desto wahrscheinlicher ist es mit relevanten Angeboten angesprochen zu werden.
Unabhängig davon würde ich Kandidaten grundsätzlich aber einfach den Tipp geben, sich in ihren privaten Umgebungen – online und offline – umzuschauen und stets Augen und Ohren offen zu halten. Gerade auf Facebook und Social Media werden einem immer wieder interessante Werbeschaltungen innovativer Unternehmen ausgespielt.
Der größte Fehler ist, dass man alles so macht wie immer! Da es wie gesagt kaum Umstrukturierungen oder Professionalisierung im Personalbereich von Unternehmen gibt, müssen Kandidaten weiterhin ausführliche Bewerbungsunterlagen mit Anschreiben, Lebenslauf etc. abgeben. Denn tatsächlich fehlt meist einfach die Akzeptanz im Management, neue Wege zu gehen und ein Umdenken im Recruitingprozess voranzutreiben, was letztlich dazu führt, dass Kandidaten einen erhöhten Aufwand haben und die Prozesse umständlich und langwierig sind.
Dass die Personalsuche dabei im Vergleich zu anderen Tätigkeitsbereichen besonders zurückhängt, wird vor allem dadurch deutlich, dass kaum ein Lebensbereich im Internet so intransparent aufgestellt ist wie das Recruiting. Egal, was ich heute kaufe oder in welchem Bereich ich eine wichtige Entscheidung für mein Leben treffe, ich habe durch diverse digitale Bewertungssysteme und Plattformen immer maximale Transparenz bei meiner Entscheidungsfindung – und ich erwarte das auch! Wenn ich aber einen Job suche, gibt es gar keine Transparenz! Keine Videos. Keine Einblicke. Keine Informationen über das Stellenangebot hinaus. Kununu, als Bewertungsplattform für Jobs, ist zudem meist sehr negativ.
Für Kandidaten ist diese Intransparenz immer ein Risiko! Jede Form von Transparenz hingegen ist eine enorme Chance, noch vor der Bewerbung eine ganze Menge über die Unternehmenskultur zu erfahren und relevante Informationen für den persönlichen Entscheidungsprozess zu sammeln.
Wenn Ihr noch mehr Fragen oder auch Anmerkungen zum Wandel der Arbeits- und somit auch der Recruiting-Welt und den Auswirkungen aus Kandidatensicht habt, schreibt uns gerne in den Kommentaren.